Antwort auf: Re:Hard Boiled von Vince

Farman
Status: User
Mitglied seit: 31.10.07
Ort: Köln
Beiträge: 634


>Meine heilige Woo-Dreifaltigkeit bleibt trotzdem The Killer - Face / Off - Hard Boiled, aber eben in genau dieser Reihenfolge. Bullet in the Head mag ich auch, aber für die Top 3 ist er mir ein wenig zu zerfahren.

Ich sah das eigentlich immer genau so, außer das meine Dreifaltigkeit aus 1. Bullet in the Head/ The Killer und 3. Face/off bestand. Hab mir die Filme in letzter Zeit wieder reingezogen und hab meine Meinung überraschend geändert, da ich vorher auch "A better Tomorrow" inklusive sogar des zweiten Teils besser fand als "Hard Boiled".

Mittlerweile siehts bei mir so aus: "The Killer" mit seinem christlichen Pathos verpackt in seiner Werbeästhetik ist die Vollendung und der Prototyp des John Woo-Stils (die Geldübergabe des Freundes relativ zu Beginn und die ganzen Mexican Standoffs sind unglaublich), die Frauenrollen bei Woo sind aber alle unerträglich und der Pathos kann einem manchmal etwas zum Halse raushängen. Deswegen sind bei "The Killer" für mich gegen Ende einige Szenen, vor allem mit der Alten, etwas übertrieben.
"Bullet in the Head" war der für mich zuerst wohl bewegendste Film, das Problem ist, dass der als ein Epos arg zusammengekürzt ist und hauptsächlich von Tony Leung getragen wird, Jackie Cheung und Waise Lee overacten. Der Film ist ne Art Pastiche, fängt an a la "West Side Story" und wird plötzlich zu "The Deer Hunter", im großen und Ganzen thematisch ein loses Remake von Scorseses "Mean Streets" und an jeder Ecke ist Sam Peckinpah zu spüren. Manchmal, obwohl dieser Pastichecharakter gerade das interessante ist, wie du sagst, etwas zerfahren.
"The Killer" war zutiefst religiös in seinem Charakter, "Bullet in the Head" wird etwas bodenständiger und "Hard Boiled" ist für mich ein misanthropisches Meisterstück, der sich fast über den Pathos voriger Woofilme lustig macht. Die Szene mit Leung und den Kranichen ist imo fast komplett ein (beabsichtigter) Witz. Der Film erinnert mich ein wenig an "Assault on Precinct 13" in seiner ironischen Verarbeitung von urbaner Gewalt. Und erstmals ist die Frauenrolle, auch wenn sie verdammt klein ist, klasse. Es ist schwer meinen plötzlich geänderten Standpunkt zu erklären, schau dir nochmal "Hard Boiled" an und achte auf darauf, was alles im Krankenhaus abgeht (vorher war das für mich jenseits jeden guten Geschmacks). Imo ein sehr reflektierter und nicht willkürlich zynischer Film.

__________________
Ich vermag natürlich besser zu dichten, als wie's hier geschieht. Ich spare mich für später auf.
Hier ist geschlossen