Farman
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Mitglied seit: 31.10.07
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>Richtig. Wobei man glasklar sehen muß, daß wir die Taktik zugelassen und mit dem Fehlpaßfestival aktiv gefördert habe. Ist schwierig bei so 'ner Wechselwirkung zu sagen, daß eben hier oder dort die Ursache gelegen hat. Daß dieser immense Druck Kroatiens entstehen konnte, zeigt mir, wie technisch limitiert wir uns präsentiert haben. Also Kroatien hat unsere Schwächen vorrangig genutzt, anstatt uns permanent dazu gezwungen zu haben. Vielleicht läßt sich das in zwei Bereiche einteilen. Ich denke, defensiv haben die Kroaten uns mit der ganzen Verschieberei in Zuordnungsprobleme gebracht. Offensiv hingegen kam unser gestriges Unvermögen zum Tragen, die Seite zu wechseln, sich besser anzubieten, sichere Pässe an den Mann zu bringen. Unser Spiel wirkte ziemlich statisch, beinahe schon müde. Selten wurde der ballführende Spieler richtig in die Zange genommen, Pässe wurden zu lange hinausgezögert. Erst gegen Ende konnte ich sowas wie einen Zug zum Tor unsererseits ausmachen.
Das ist unschleimerisch gemeint so ziemlich die treffendste und realistischste Darstellung, die ich seit gestern darüber gehört habe. Du hast das Wort Wechselwirkung ins Spiel gebracht und das genau so erläutert, wie ich mir das in diesem Fall vorstelle.
Ich muss mich vorab schon mal entschuldigen, aber mir kommt ohne eigenes Zutun ein Gespräch in den Sinn, das ich neulich mit meiner Tante hatte, und es passt, wenn auch nicht auf den ersten Blick direkt, perfekt hier rein. Es ging um den Einfluss der Werbung, wo meine Tante behauptete, die Werbemänner nehmen die Dummheit der Menschen zur Kenntnis und drehen unterirdische Werbeclips, weil dieses unterirdische seine Wirkung zeigt. Ausgeweitet wurde das auf Gerichts- und Talkshows, wo das Fernsehen nur den Stand der Bevölkerung ausnutzt und sich daran bereichert. Ich versuchte ihr darzustellen, dass es keinen Menschen in der sogenannten "Masse" gibt, der explizit nach einem speziellen Werbeclip gefragt hat, wahrscheinlich gab es auch keinen, der nach einer Talkshow gefragt hatte. Die Masse schließt sich ja nicht zusammen und sagt, wir reagieren auf diese und jene Farben und auf diese und jene Slogans unterbewusst und kaufen dann Dreck, den wir nicht brauchen. Es ist eine Konstruktion seitens der Kreierer, die die Befindlichkeit der "Masse" als Variable x festsetzt und sie sicher macht, durch einen Werbeclip die Formel für die Variable gefunden zu haben. Die Frage dabei ist, ob sie damit nicht selbst die Masse, die ihr Produkt haben will, kreiert. Die Masse ist nichts greifbares, sondern eine komplette Abstraktion, die Frage ist, ob sie nicht durch die Manipulation der Werbung in die Richtung der abstrakten Idee umgeformt wird.
Kurz: Meine Tante sah es linear, ich sehe es als eine Wechselwirkung. Und ich komme zu dem Schluss: Ob die Masse Schuld dafür ist, dass es einen unterirdischen Werbeclip gibt, oder ob der Werbeclip dafür Schuld ist, dass es eine unterirdische Masse gibt, ist eine ähnlich unbeantwortbare Frage wie die nach dem Huhn und dem Ei. Ich kann das Ei kaputtmachen und weiß, dann kommt kein Huhn, ich kann das Huhn töten und weiß, es legt kein Ei, ich kann den Werbeclip nicht machen und Leute nicht zum Kaufen bewegen, ich kann damit vieles erklären, aber die Frage nach dem Anfangspunkt einer solchen Wechselwirkung ist rein, komplett, ohne jegliche Einschränkung metaphysisch.
Nicht verzagen, der Fussball kommt jetzt. Man nehme zwei Mannschaften so, wie sie vor dem Spiel "beschaffen" sind, von Können, Kondition, Fitness, Psychologie und den Millionen in der Luft umherschwirrenden Faktoren. Nach dem Spiel kann ich sagen, das eine Team war gut, das andere schlecht, und ich habe das passende Gegensatzpaar, um die ganze Sache abzuschließen. Eventuell ist es absolut ersichtlich, dass die eine Mannschaft die Fehler machte und die andere sie ausnutzte. Oder es ist umgekehrt absolut ersichtlich, dass die andere Mannschaft aktiv das Spiel gestaltete und die Verlierer zum Spielball degradiert wurden, ohne aber ihrerseits dazu eingeladen zu haben, zum Spielball degradiert zu werden. Das sind zwei verschiedene Argumentationen. Suche ich mir eine aus und versuche sie zu erklären, komme ich bei meinem Begriffshorizont zwangsläufig zu einem Nullpunkt, in eine Sackgasse. Was war zuerst, der Fehler oder das aktive Eingreifen in das System der anderen? Man entscheidet sich, so begrenzt man das auch nur weiß, in ersichtlichen Fällen für die eine oder für die andere Lösung, in dem gestrigen Fall aber ist das reine Geschmackssache sich für Kroatiens Stärke oder Deutschlands Schwäche zu entscheiden. Das Ganze ist, wie du bereits sagtest, eine Wechselwirkung, die man im Spiel präzise ausmachen kann, aber die Frage nach dem Zuerst ist reine, faszinierende Metaphysik: Sie ist im Bereich der reinen Logik unbeantwortbar. Ich kann schwören, das ist die selbe Frage wie die nach dem Ei und dem Huhn, exakt die selbe. Wo man jedoch bei dem Werbungs-Beispiel daran zugrunde gehen kann, keine Antwort zu haben, bezieht der Fussball wie jedes andere solche Spiel daraus seine komplette Faszination. Wir reden im Endeffekt von nichts anderem in Gesprächen über den Fussball.
Nur mal so am Rande...
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Ich vermag natürlich besser zu dichten, als wie's hier geschieht. Ich spare mich für später auf. |
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